Von Ziegen lernen

Das Wandern in der Sächsischen Schweiz zählt zu den schönsten Erlebnissen, die es auf der Welt gibt. Nicht nur durch die Berge, die Wälder und die Aussicht. Nein, auch vor allem durch die Menschen, die sie gestalten. Ein Gestalter der Sächsischen Schweiz ist Patrick Pietsch, den ich hier vorstellen möchte, für die Menschen, die ihn noch nicht kennen. Patrick ist vom Beruf ein Ziegenhirte, ein Naturschützer, ein Lehrer, ein Artenretter und ein Botschafter der Region. Patrick ist ein engagierter Mann. Wer ihn noch nicht kennt, sollte ihn mal treffen!

Mit seinen Ziegen ist Patrick zu einer "lokalen Berühmtheit" geworden, weit über die Sächsische Schweiz hinaus. Von überall her melden sich Familien für die Bergtouren mit Ziegen an, die Patrick auf seiner Homepage (https://www.ziegen-wanderung.de/) anbietet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfahren ein naturnahes Erlebnis und lernen die wichtige Bedeutung des Artenschutzes und der Landschaftspflege mit Ziegen kennen. Ich habe an einer Tour teilgenommen und vor allem eins gelernt: Ziegen können die besten Freunde des Menschen werden und ein wichtiger Partner für den Klimaschutz und dem Tourismus.

Als ich dem Treffpunkt für die Wanderung näher komme, hörte ich bereits von weitem kleine Glocken und das "Bääähn" der Ziegen. Beim Aufstieg Richtung Felsen Pfaffenstein und Quirl hielt ich inne und genoss den schönen Anblick auf den Lilienstein. Die Aussicht und die Geräuschkulisse gaben mir ein schönes Gefühl, fast so, als wäre ich in den Alpen.

 

Die Bergtour mit Ziegen beginnt meistens auf den Wiesen von Patrick Pietsch, am Fuße des Quirls, mit Blick auf die Festung Königsstein. Neben dem unglaublichen Panorama gibt es auch einen Vortrag über die Geschichte und Bedeutung der Ziegen zu hören.

Patrick wollte eigentlich seinen Lebensunterhalt in der freien Wirtschaft verdienen. Er kommt ursprünglich aus der Großstadt und hat an der TU Dresden Wirtschaftsinformatik studiert. Seine Abschlussarbeit schrieb er über effizientere Wege der Signalübertragung, sein Glück fand er aber woanders.

Ich frage Patrick, wo im Studium sein Interesse für den Naturschutz und die Ziegen begann. Patrick erzählt, dass sein Interesse an der TU Dresden bei der Umweltinitiative TUUWI begann, einem wichtigen Akteur für Naturschutz, Umweltbildung und Klimagerechtigkeit. Jeder ist in der Initiative willkommen. Patrick begann sich für die Selbstversorgung und die nachhaltige Landwirtschaft zu interessieren. In Patricks Vortrag bekomme ich das Gefühl, dass er einen Doktortitel in Landschaftsökologie hat, so gut habe ich ihn empfunden. Seine Begeisterung für den Artenschutz und die Vorteile, die Ziegen für den gesellschaftlichen ökologischen Nutzen haben, "ziegen" mich in den Bann.

 

Zum Ende seines Studiums startete Patrick, das Projekt Ziegen-Wanderung und fand dafür geeignete Flächen in Königsstein. Damit dass Projekt, einen sinnvollen ökologischen Nutzen bekommt, begann Patrick Thüringer Waldziegen zu züchten, eine Art, die vom Aussterben bedroht ist. Der Artenschutz kommt auch der Pflege der Landschaft zugute, besonders auf den steilen Hängen in der Sächsischen Schweiz fressen die Ziegen das Unkraut, das Gestrüpp und auch invasive Arten, die der Mensch nur mit enormem Aufwand entfernen könnte. Für die Landschaftspflege in der Sächsischen Schweiz machen die Thüringer Waldziegen einen attraktiven Eindruck. Durch die schonende Beweidung kann sich die Fauna und Flora entfalten.

 

Die Vorteile der Ziegen sprechen sich herum. Immer mehr Menschen fragen Patrick, ob er seine Ziegen zum Grasen auf ihre Privatflächen bringen kann. Auch die Anmeldungen für die Ziegenwanderungen nehmen von Jahr zu Jahr zu. Manche Anfragen muss Patrick mittlerweile ablehnen. Für seinen Verein und das Projekt sucht Patrick engagierte Menschen, die Interesse am Ziegenhirten, an der Landschaft und an der Sächsischen Schweiz haben. Das würde auch die Reichweite des Projekts erhöhen. Die vielen Anfragen vermitteln mir das Gefühl, dass wir in Sachsen mehr Landschaftspflege mit Tieren gebrauchen könnten. Jedoch gestaltet sich die Förderung seitens der sächsischen Regierung noch als schwierig, wie Patrick mir erklärt.

 

Für das Halten von Schafen und Ziegen setzt sich Patrick für eine bessere finanzielle Unterstützung ein. Eine Petition zur finanziellen Unterstützung wurde zwar 2019 vom Sächsischen Landtag abgelehnt, das hinderte ihn jedoch nicht daran, sich weiter einzusetzen. Mittlerweile sind die Bedingungen besser geworden. Wo es zuvor erst ab 50 Tieren Prämien gab, gibt es jetzt bereits ab 37 Tieren Geld vom Freistaat Sachsen. Zwar ist es immer noch weit entfernt von Patricks Wunsch, dass es ab 20 Tieren Prämien gibt, jedoch ist eine Besserung festzustellen. Bei dem steilen Gelände, in dem Patrick agiert, macht eine Förderung ab 20 Tieren Sinn. 20 Ziegen sind einfacher zu managen als 40 Ziegen. Zudem würde es für andere Menschen einen Anreiz bieten, sich auch für die Landschaftspflege und den Naturschutz zu interessieren, wenn sie bereits bei einer kleineren Anzahl eine Förderung erhalten könnten. Es gibt viele gute Gründe dafür. Die politischen Entscheidungen müssen jedoch auch vom Landtag verstanden werden. Vielleicht werden in Zukunft mehr Politiker mit Patrick und seinen Ziegen wandern, das würde mich sehr freuen.

 

Ich fühle mich durch die Wanderung und die Geschichte hinter dem Projekt sehr bereichert. Als wir auf dem Gipfel des Quirls ankommen, denke ich, dass Patricks Projekt ein echter Gewinn für die Region Sächsische Schweiz ist. Dass die TUUWI dabei einen Einfluss hat, verdeutlicht die hohe Bedeutung der TU Dresden und ihr Engagement für den Klimaschutz und die Umweltbildung. Vielleicht kann auch die TU Dresden dabei helfen, dass sich mehr Menschen für Patricks Projekt finden.

 

Jedem Wanderfreund lege ich das Projekt Ziegen-Wanderung wärmstens ans Herz, auch Akteure aus dem Naturschutz und vor allem der Politik. Bei dieser Wanderung habe ich sehr viel lernen können. Vor allem hat mich Patricks Mut fasziniert, ein solch schönes Projekt ins Leben zu rufen. Auch können wir hier wieder erkennen: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.